Dienstag, 29. Oktober 2013

Freiheit und Angst

Freiheit und Angst. Es gibt sie, die Angst vor der Freiheit. Nicht die Angst vor so ein wenig Freiheit, sonder vor der absoluten Freiheit. Warum aber? Weil niemand mehr etwas kontrollieren kann. Wir sind Grenzen gewohnt. Wenn Grenzen in uns scheinbar wegfallen, so haben wir nichts mehr in der Hand und wissen nicht mehr, was wir tun sollen. Wir können es nicht wissen. Keine Kontrolle. Wir haben die Kontrolle nicht verloren. Wir haben die Illusion der Kontrolle verloren. Die Kontrolle hatten wir nie. Wir haben uns nur eingebildet, dass da jemand ist, der die Kontrolle hat.

Wir haben uns einen Kontrolleur eingebildet. Der Kontrolleur gibt vor zu wissen, was richtig und was falsch ist. Er will das Leben in den Griff kriegen. Diese scheinbare Kontrolle suggeriert Sicherheit. Man hat ja alles unter Kontrolle. Die Wahrheit ist, wir haben nichts unter Kontrolle. Wir betteln um Kontrolle. Wir denken, dann können wir etwas steuern. Wir wollen steuern, weil wir das Leben anders haben wollen, als es ist. Wir wollen uns anders haben, da wir vielleicht nicht den Vorstellungen von uns entsprechen. Aber du bist, wie du bist. Das ist Freiheit.

Naja, mag man sagen, ich bin ja immer, wie ich bin, das ist ja trivial! Ja, das stimmt, aber oft willst du es anders. Der Augenblick ist oft nicht gut genug. Er sollte besser sein, ich sollte besser sein, fleißiger, oder gar erleuchteter. Es ist nun mal, wie es ist. Das ist absolut gewöhnlich, daran ist nichts Besonderes. Wir wollen aber etwas Besonderes sein. Das Gewöhnliche reicht uns nicht. Wir ziehen Grenzen, wählen aus. Alle Grenzen aber sind nur gedachte Grenzen. Ohne Kontrolle wissen wir nicht mehr, was kommt. Wir haben Angst davor, dass wir nicht mehr auswählen können. Aber da ist kein Unterschied zwischen den einen Augenblick und dem anderen.

Wir wollen weglaufen vor dem einen Augenblick, den anderen wollen wir vielleicht festhalten, weil er schöner ist. Beides geht nicht. Der Augenblick ist schon da, und er wird wieder vergehen. Wir aber wollen vielleicht erleuchtet sein, erwacht, weil wir meinen, dann haben wir nur gute Augenblicke. Aber so funktioniert das nicht. Du kannst den Tag nicht haben ohne die Nacht. Und wir wissen nicht, wie der nächste Augenblick sein wird. Das ist die Realität.

Ob wir nun versuchen etwas zu kontrollieren oder nicht. Hier ist niemand der kontrolliert. Das widerspricht fast allem, was wir gelernt haben. Freiheit ist jenseits jeglicher Kontrolle. Freiheit ist so, wie sie ist. In der Freiheit darfst du sein, wie du bist. Nichts Besonderes, du darfst ganz gewöhnlich sein, unabhängig von der Meinung anderer. Keine Anstrengung ist nötig, das zu sein, was du bist. Der Versuch irgendwie anders zu sein, der ist anstrengend. Selbst dieser Versuch ist nicht falsch. Er ist das, was gerade erscheint. Aber Anstrengung ist eben nicht nötig. Du bist schon so, wie du bist. Da gibt es nichts zu verändern, damit du du wirst. Keine Katze strengt sich an, damit sie eine Katze wird.

Das Ziel ist hier. Jedes Ziel in der Zukunft kann man knicken. Klar, man darf Ziele haben, wenn es Spaß macht. Aber das, was du bist, kannst du nicht in Zukunft sein, sondern immer nur jetzt. Aber du kannst nicht jetzt sein wollen, du bist schon jetzt. Du bist schon frei. Es gibt keine Ketten, die man zerbrechen muss. Es gab nie welche. Es gibt einfach nur Sein.
Bild Oxana Zuboff    http://www.zuboff.de/

Sonntag, 20. Oktober 2013

Der Traum vergeht

Ach, was hörte ich schon für Worte - die waren alle viel zu schön. Was sah ich schon für Gesten - die waren viel zu groß. Was sah ich schon für Leute - die waren alle viel zu wichtig. Und die Klugen verstanden nichts. Die dauernd redeten, die sagten nichts. Die immer etwas taten, die schafften wenig.

 Der Regen fällt und versickert. Der Wind, der kommt, aber niemand kann ihn fangen. Jede Spur verlöscht. Was jemand halten kann, kann niemals wichtig sein. Auch Reichtum ist nur Armut verdeckt mit schönem Glanz.

 Dieser eine alte Römer sagte, dass das Sterben, am Tag der Geburt beginnt. Was ist nun wichtig, welches Spiel, welche Flucht, welche Ehre, welcher Gedanke? Welche Lüge hält uns noch im Spiel dieser vielen blinden Kinder? Welche Hoffnung zerbricht nicht? Hat unser Traum denn Türen? Durch wie viele Zimmer muss man gehen? Ach, was soll man mit den vielen Worten? Die sind am Ende viel zu schön.

 Am besten nur die Augen öffnen. Der Traum vergeht, die Zeit bleibt stehn. Ein Blatt segelt im Wind. Ein Vogel singt ein Lied. Der Mond wippt zärtlich auf den Zweigen. Mein Herz singt ein kleines Lied. Meine Hände greifen nichts.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

So sind wir

Der Traum kann schmerzen. Er ist anders, als das, was ist, wenn wir die Augen öffnen. Ebenso erfreut uns der Albtraum, wenn er vorbei ist.



Aber ich rede Unsinn, denn wer kann anderes reden? Wir sind nur wie Blinde, wenn wir denken.
Es gibt kein Wort, an das man sich halten kann. Worte verklingen. Träume werden vergehen.



Wir glauben zu wissen. Aber, was können wir wissen?  - Alles das - macht uns nicht offener gegenüber dem Geheimnis.  Es sind nur Bilder, Ideen, Hoffnungen, Ängste.
Wo ist der Freie, unbesetzte Platz? Wo ist der Platz,  der frei ist von all diesen Vorstellungen?
Wo ist die meiste Angst?

Der Tod ist im dem Sinne real, dass er die Strukturen zerstört. Es ist der Zerfall. Nichts was Form hat kann bestehen. Nicht ist ewig, was der Zeit unterliegt. Ja auch diese menschliche Form ist nur wie eine Sandfigur am Strand - eine flüchtige Erscheinung.

Alles, was die Hände greifen können oder greifen wollen ist schon am Entschwinden. Ja selbst die Hände haben ihre Zeit. Erst sind da Hände, dann sind da Knochen und dann ist da Erde, Erde aus der Blumen wachsen werden.



Wer also bist du? Was ist wichtig? Was gibt es zu finden? Was gibt es zu verlieren?
All die sterblichen Wesen, sie sind so wie Kinder, sehen nur ihr kleines Spiel.
Aber wir sind nur Reisende. Wir sind so ignorant und so dumm.



Denken kann diese Dummheit nur bedingt beenden. Es geht um das SEIN.
Niemand kann SEIN denken, kann SEIN machen. Niemand kann etwas richtig oder falsch machen.
Man kann nicht falsch oder richtig sein, man kann nur SEIN.



SEIN ist nicht in der Zeit. Zeit erscheint im SEIN. Dieses SEIN hat etwas Erschreckendes, da es auch immer sein Gegenteil ist. Es ist Leben und Tod. Es ist ein Drache, der unbezwingbar ist.  Es ist irgendwie der Tod der Vorstellungen. Selbst wenn die Vorstellungen weiter ihre Vorstellung geben,
ist klar, dass diese Vorstellung ohne Subtanz ist, nicht wahr.



Also ist die Frage, was hat Substanz?



Nichts, was wir uns vorstellen können. Also das, was wir uns nicht vorstellen können. Es ist hinter allem. Vor allem - hinter uns. Hinter der Vorstellung von uns. Hinter unserer Vorstellung, hinter unserer großartigen schau-spielerischen Leistung - jemand zu sein.



Das kann eine recht anstrengende Rolle sein. Zumal wir uns ziemlich gut spielen. Zumal immer noch offen ist, wer  hier wen spielt! Wir spielen sogar ohne Publikum weiter. Wir reichen uns notfalls selbst als Publikum.



Vielleicht sollten wir lieber zum Tanztheater wechseln. Ist schon schwierig, diese endlosen Texte zu behalten - ach ja - ich sage immer das - und meine Meinung ist dies und das - muss ich spielen.

Ein verrückter Schauspieler weiß nicht mehr, wo seine Rolle endet. So sind wir.
Was bleibt wenn der Star des Abends sich abgeschminkt hat?  Was sagt der Spiegel?

Was hat Substanz?