Freitag, 26. Juli 2013

Wer sich auszieht ist allerdings Nackt unter Wölfen

Zieh dich aus Liebling!
Wer sich auszieht ist allerdings Nackt unter Wölfen.

Ich habe ja gar nichts anzuziehen.
Im Prinzip ist das richtig: Was man anziehen kann ist letzlich nichts - Plunder!
Jeder will den besseren Plunder!

Sind denn alle Kleider schlecht? Nicht unbedingt. Aber wenn Kleider erst einmal Leute Machen!
Wo bleiben dann die Leute, wenn die Kleider weg sind?

Nackt sein, heißt schutzlos sein. Das vollkommen Schutzlose ist voller Kraft.
Wer gepanzert ist und sich hinter allerhand Zierrad verbirgt - ist voller Schwäche. Seine Stärke sitzt alleinig im Kleide, nicht mehr in ihm selbst.

Dieser ist ein General, dem ohne Uniform die Armee davon läuft. Die Soldaten gehorchen der Uniform. Uniformen gehorchen einer Uniform.

Wenn du nackt bist unter all den Angezogenen, ist das vielleicht ein komisches Gefühl für dich - und für die anderen. Vielleicht sind sie spöttisch zu dir, oder sie haben Mitleid und wollen dir Kleidung geben. Kann sein sein, sie denken, dass du krank bist.

 Sie denken eben, dass Kleider das Wichtigste sind, sogar, dass man ohne Kleider stirbt. Sie denken, du bist verrückt. Sie verstehen dich nicht.

Es wird auch dir schwer fallen, sie zu verstehen, die sich so sehr einzwängen in Harnische, Schnüre rund Korsettagen. Sie werden kommen und wollen DIR helfen! Sie wollen dich wieder einschnüren, zu deinem Besten.

Aber du hast von den fernen Inseln geträumt, wo sie alle ohne Kleider sind. Dort haben sie keine Namen und keinen Stand, sie kennen weder Orden noch Titel. Wenn sie des Morgens wach werden,
dann wissen sie nicht mehr, wer sie gestern waren. Die Dinge die ihnen begegnen, sehen sie immer wieder zum ersten Mal. Sie können einen Stein in der Hand halten und lange über seine Schönheit weinen.

Sie Wissen nichts vom kommenden Tag. Es sind die vollkommenen Menschen, denn sie sind zu nichts zu gebrauchen. Sie hätten keinen Wert in der Welt der Bekleideten. Sie wären nicht nützlich, sie wären nicht käuflich, sie hätten keinen Preis.

Was soll man demjenigen zahlen, der das Glück in einem bunten Stein findet? Was soll man dem Versprechen, damit er sich anpasst und ein ordentlicher Bürger wird, der sich einzwängt in seine Vorstellungen, die letztlich die Vorstellungen anderer sind?

Wer keinen Preis hat, entzieht sich der Sklaverei. Der aber ist frei und verweist schon damit, dass er nur einfach ist, existiert, auf die Freiheit, die überall ist. Sie ist unter den Kleidern, sie ist die vollkommene Nacktheit.

 Sie ist Seele. Sie ist formlos. Sie ist der hellste Diamant, der nie geschliffen wurde.

Diese Freiheit erscheint zuerst vollkommen wertlos. Man kann sie nicht besitzen. Sie gibt dem Ich keine Kraft. Im Gegenteil, sie schwächt alles, was man hat,  glaubt festhalten zu  können. Es ist ein Nichts!

In Wahrheit aber ist es Alles! Es ist nicht zu kaufen, aber es ist das Wertvollste. Es ist nicht zu erringen, zu erreichen, aber es ist immer da.

 Man sieht es nicht, wenn man gierig auf die Dinge schaut. Man sieht es, wenn das Auge gleichsam zurück nach innen Blickt, dahin woraus es schaut.

Dann siehst du nichts mehr, sondern siehst, was sieht. Dann fallen alle Mauern und die Rätsel Verstummen. Das Geheimnis selbst hat sich entkleidet und ist nun als das gewöhnlichste sichtbar.

Darum, zieh dich aus - Liebling.



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