Dienstag, 21. Mai 2013

Im fernen Land der Namenlosen

Im fernen Land der Namenlosen, da ist ein jeder so, wie der Wind ist, der, einmal losgelassen von sich selbst, zur Reise wird, die ihr Ziel nicht kennt. Aber was lässt sich sagen von diesem Land. Hast du es betreten, legt dir ein Engel seinen Finger auf den Mund, damit niemand deine Worte versteht. Also bleibt nur das herumreden.

Stelle dir vor, dass dort jede Bewegung vom Herzen ausgeht und wieder darin endet. Stelle dir vor, dass dort alles eine Bewegung ist, die so wie eine Welle rollt, die es nicht eilig hat und immer zur rechten Zeit ankommt.

Es ist dort alles immer ganz weiß, mal Schnee, mal Blüten, ja nach Jahreszeit. Es nie zu kalt oder zu warm, es ist immer gerade recht, wie es ist. Und wenn du dort jemanden anschaust, ist es immer so, als würdest du einem Baby in die Augen sehen, und es ist auch so, als würde ein Engel durch einen Engel hindurchgehen, oder als würde Gott in Gott hineinfließen.

Die Tage dort sind ein großes Spielzimmer und man bleibt dort immer Kind. Es gibt dort keine Regeln, da alles, was man tut, richtig ist. Niemand spürt die Grenzen seines Körpers, jeder darf sich jederzeit ins Unendliche ausdehnen. Es gibt dort auch keine Dinge, die nicht frisch und neu wären, gleichsam ist aber alles vertraut.

Es gibt dort auch keine Fragen, nur Antworten. Stellt jemand Fragen, weiß man, es ist nur ein Spiel und nicht ernst gemeint. Weint man dort, so ist das eine Freude und die Tränen werden zu Edelsteinen in denen hübsche Bilder tanzen.

Im Lachen schwingt eine sanfte Trauer, die wie Liebe ist, die wie ein Duft ist und so schön, dass man gleich vor Freude wieder weint.

Alles ist dort wie der Wind. In den Augen der Menschen wohnt ein Sternenhimmel und ihren Worten wohnt eine ganze Welt. Schweigen sie ist dort, ist ein endloser Frieden gegenwärtig.

Darum gehe in dieses Land. Aber die Landkarte, die es dir anzeigt, wirst du nicht finden. Du musst blind gehen und bereit sein, nie mehr zurückzukehren. Du musst voll Vertrauen sein und darfst nicht zweifeln. Du musst jetzt aufbrechen. Morgen ist es zu spät, gestern war es zu früh.

Nein, du kannst nichts mitnehmen. Auch den Koffer nicht, den du bei den anderen Reisen bei dir hattest. Nein, dieses Erinnerungsstück auch nicht. Auch nicht das Buch dort, dass dir einst Trost gegeben hat. Nichts, nichts kannst du mitnehmen. Willst du etwas mitnehmen, kannst du die Reise vergessen. Jedes Gepäckstück ist zu schwer.

Um mit dem Wind zu reisen, musst du selber zum Wind werden. Und nein, Fragen stelle nicht. Gebe keine Antworten, lass all dein Wissen hier, all dein Richtig und Falsch. Nein, schaue nicht noch einmal in den Spiegel. Vergesse dein Gesicht. Gehe jetzt. Schau dich nicht noch einmal um. Vergesse mich.

Vergesse mich, so schnell es geht. Wir werden uns in dem Land treffen, wohin der Wind dich weht. Wir werden uns treffen als Fremde, ohne eine Geschichte. Du wirst mich erkennen und nicht wissen, wer ich bin. Du wirst mir deinen Namen sagen wollen, jedoch die Stimme versagt dir. Dir wird klar, wir brauchen keine Namen.


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