Dienstag, 2. Oktober 2012

Störe sie nicht

in ihrem Schlaf, du weißt, sie erschrecken so leicht. Ihr Käfig spricht ihnen von Sicherheit.
Und sie werden dir nicht glauben, wenn du von da draußen redest. Denn der Käfig ist ihnen - die Welt.

Von was redete ich gleich noch? Ach ja mein Gedächtnis. Von Menschen oder Wellensittiche?

Ich weiß nur, ich habe nie von Nachtigallen gesprochen. Verzeihe mir, mein Kind.  Ich bin alt und verwirrt. Meine zittrigen Hände tasten über das Gerippe der Zeit. Ich habe nie gewusst, dass die Zeit Löcher hat, bis ich in eines hinein gefallen bin.
Aber ...  ich denke, das ist eine andere Geschichte,

Nachtigallen, weißt du, Nachtigallen, die sieht man fast nie, aber du kannst sie hören. Du hörst sie, wenn der Tag, der grelle Bursche, sich erschöpft zur Ruhe gelegt hat.

Du hörst sie, wenn die Händler, die ganzen Tag zumeist unnütze Dinge gegen unnütze Dinge getauscht haben, wie schlappe Puppen in ihre Lehnstühle fallen und entschlummern.

 Dann, wenn der Mond glimmt wie der Stern einer inneren Sehnsucht , dann jubilieren diese Sänger ihre Weisen in die Stille, als stanze wer goldene Schrift in schwarzen Marmor.

Sie singen dir von Freiheit. Dir allein. Die anderen haben sich eingewebt in ihre schweren Träume.
Du aber bliebst wach, das musizieren der Nachtigall zu  er-lauschen.

Aber rede ihnen nicht davon. Störe sie nicht, denn sie sind müde, sie  wollen endlich ihre Ruhe.

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